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  • AutorenbildRoswitha Holly

Interview mit Roland Widder aus der Serie "Fragen zur Kunst"

Der Kunsthändler führt seit über 20 Jahren eine renommierte Galerie in der Wiener Innenstadt. Schwerpunkt des Kunsthandels Widder ist die österreichische und deutsche Kunst der Zwischenkriegszeit, der klassischen Moderne und der Exilkunst. Es freut mich, diesmal ihn als Interviewpartner vorzustellen.


Roland Widder © Roland Widder


Roland Widder gründete im Jahr 2000 den Kunsthandel Widder in Wien. Er studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Publizistik in Wien und führt die Galerie mit sieben Mitarbeitern. Er ist Herausgeber mehrerer Künstlermonografien und hat sich mit der Bearbeitung von Nachlässen österreichischer Künstler*innen der Zwischenkriegszeit und insbesondere Exilkünstler*innen einen Namen gemacht. Seit kurzem ist er mit einer eigenen Auktionssparte, Widder Auktionen, auch als Auktionator tätig und betreibt mit Widderhören einen Podcast.


Lieber Herr Widder,



woher kommt Ihre Liebe zur Kunst und wann kam der Entschluss, in diesem Bereich auch beruflich tätig sein zu wollen?

Aufgewachsenen bin ich in einem kunstaffinen Haushalt, denn meine Mutter war Kunsthändlerin in Linz. Im Haus meiner Eltern gab es zwei Räume, die als Galerie eingerichtet waren, aber im restlichen Haus ist wohl noch mehr Kunst gehangen und gestanden. Beruflich wollte ich mit Menschen zu tun haben, und der Kunsthandel als breit gefächertes Betätigungsfeld bot einem jungen Politologen mit vielfältigen Interessen nach Abschluss des Studiums eine tolle Spielwiese. Nachdem meine Schwester nach etlichen Auslandsjahren wieder nach Österreich zurückgekehrt war und wir im Auftrag unserer Mutter viele Bilder von Exilanten aus Frankreich und den USA repatriiert hatten, fassten wir den Entschluss, gemeinsam eine Galerie in Wien zu gründen.

Ist Kunst auch in Ihren Wohnräumen zu finden und wie würden Sie Ihren Einrichtungsstil allgemein beschreiben?

Manche Besucher, die zu mir in die Galerie oder auf einen Messestand kommen, fühlen sich wahrscheinlich von der Bilderflut überfordert. Ein „Markenzeichen“ ist nämlich die große Auswahl an Werken und auch zumindest eine überfüllte Bilderwand nach dem Vorbild der „Petersburger Hängung.“ Als Kontrapunkt halte ich es zuhause eher puristisch. Es finden sich zwar etliche Bilder an der Wand, aber bis jetzt nur nebeneinander und nicht übereinander. Das mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass ich drei Kinder im Alter von fünf, acht und zehn Jahren habe und Fußballplatz, Wohnzimmer und Küche ein und derselbe Raum sind. Schon als Schutzmaßnahme hängen bei uns zurzeit wenige teure Werke und auch fast nur verglaste Bilder. Die halten witzigerweise die Fußbälle besser aus.

Erzählen Sie uns über Ihre/n LieblingskünstlerIn. Was schätzen Sie an ihm/ihr? Besitzen Sie ein Werk von ihm/ihr und wo hängt oder steht es?

Mein erstes Bild erwarb ich als Student; eine Zeichnung von Victor Tischler, eine anmutige, schlafende Frau darstellend. Vor drei Jahren konnte ich die Vorstudie mit dem Ölbild vereinigen, das ich Amerika erworben hatte. Ich besuchte auch noch vor ca. 15 Jahren die Tochter Tischlers in Venedig, die übrigens wie ihr Vater Künstlerin war. Daneben habe ich, um meine oberösterreichischen Wurzeln hochzuhalten, viele Bilder von Aloys Wach. Er ist leider bislang nur regional bekannt, war aber ein bedeutender Künstler vor und nach dem Ersten Weltkrieg. Er lieferte grandiose, expressive Arbeiten ab, die im Zusammenhang mit der Künstlergruppe „Brücke“ und der Zeitschrift „Der Sturm“ stehen, wo er als Illustrator gewirkt hat. Dann gibt es noch viele Werke von Hermann Serient, mit dem mich eine langjährige, persönliche Freundschaft verbindet. Es sind Bilder aus dem Burgenland, womit sich der Kreis zu meiner pannonischen Herkunft schließt. Leider sind von meiner privaten Sammlung derzeit zehnmal so viele Bilder im Depot gelagert wie hängen. Aber das wird sich wieder ändern, wenn eine geringere Gefahr von herumfliegenden Bällen und sonstigen Spielsachen ausgeht.

Haben Sie Tipps für werdende Kunstsammler für den Aufbau einer Sammlung?

Sammeln beginnt man, indem man einmal etwas kauft oder tauscht. Dabei sollte vor allem Begeisterung mitschwingen. Wer das Ganze nur aus finanziellen Gründen oder des Prestiges wegen macht, dem bleibt wahrscheinlich das tollste Werk verschlossen. Emotionen sind also essentiell; man muss sich von ihnen leiten lassen und darf auch nicht traurig sein, wenn man den einen oder anderen Fehlgriff macht. Das gehört im Leben dazu. Man kann Kunstwerke ja auch wieder verkaufen, wenn man sich sattgesehen oder weiterentwickelt hat.

Welche Ausstellung, welches Projekt steht als Nächstes am Programm Ihrer Galerie?

Anfang 2022 publizieren wir eine Monographie über Marianne Fieglhuber-Gutscher, deren Nachlass wir erworben haben. Sie ist 1886 geboren, und ihre Werke sind qualitativ in eine Reihe mit ihren männlichen Alters- und Malerkollegen zu stellen. Ich hoffe, dass wir ihr in den nächsten Jahren zu jenem Stellenwert verhelfen, der ihr gebührt. Parallel erstellen wir ein Werkverzeichnis zur Druckgrafik von Carry Hauser, und im Herbst organisieren wir eine Ausstellung mit Karl Hauk, einem der bedeutendsten Künstler des Hagenbundes.


Vielen Dank für das Interview!


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