top of page
Suche

Interview mit Florian Kolhammer-Preisinger aus der Serie "Fragen zur Kunst"


Zehn Jahre lang hat Florian Kolhammer-Preisinger mit seinem Bruder Nikolaus ein gemeinsames Geschäft geführt. Seit diesem Sommer gehen sie getrennte Wege. Florian Kolhammer-Preisinger bleibt zwar ebenfalls weiterhin dem österreichischen Kunsthandwerk und Design aus der Zeit um 1900 bis in die 1980er Jahre treu, allerdings möchte er in Zukunft auch zeitgenössische KünstlerInnen in sein Repertoire aufnehmen. Wir sind auf jeden Fall schon sehr gespannt auf den Neuanfang!

Florian Kolhammer-Preisinger © FLORIAN KOLHAMMER - art since the turn of the 20th century


Florian Kolhammer-Preisinger entstammt einer österreichischen Kunsthändler-Familie. Seine Liebe zum Kunsthandwerk entdeckte er bereits in jungen Jahren, als er in der Restaurierwerkstätte seines Vaters mitarbeiten durfte. Er ist seit über 10 Jahren als Inhaber eines kleinen, aber feinen Geschäftes in der Plankengasse fest im Wiener Kunsthandel verankert.



Lieber Herr Kolhammer,



können Sie uns erzählen, weshalb Kunst & Kunsthandwerk in Ihrem Leben so wichtig ist?

Kunst und Kunsthandwerk bereichern mein Leben jeden Tag. Wenn ich mich in meiner Wohnung bewege und die dort ausgestellten Kunstobjekte wahrnehme, dann verschafft mir das ein tiefes Gefühl von Zufriedenheit. Ein Bild von N. D. C. M. Fröhlich neben einer Figur von Franz Hagenauer oder eine Vase der Manufaktur Lötz neben einem Glasakt von Venini. Das Betrachten dieser Objekte bereichert mein Leben und befriedigt eine tiefsitzende Sehnsucht nach dem Schönen und Einzigartigen. Dieses Bedürfnis treibt mich selbst in meinem Beruf an. Ich will ständig Neues sehen und erleben, ich möchte mich am liebsten jeden Tag mit einem anderen Kunstschatz befassen und seine Geschichte ergründen. Diese Neugierde ist mein wichtigster Antrieb.


Erzählen Sie uns über Ihre/n LieblingskünstlerIn. Was schätzen Sie an ihm/ihr? Besitzen Sie ein Werk von ihm/ihr und wo bzw. wie präsentieren Sie es?

Diese Frage ist für jeden Kunsthändler nicht so einfach zu beantworten. Generell begeistern mich die Werke von Koloman Moser wahrscheinlich am meisten. Ob es jetzt frühe Arbeiten aus dem grafischen Bereich für die Wiener Sezession sind oder die Objekte, die er für die Wiener Werkstätte geschaffen hat oder seine fantastischen Landschaftsmalereien: Kunst aus der Feder von Koloman Moser berührt mich. Ich liebe aber auch die Werke des Franzosen Henry Martin. Sein monumentales Bild "Sérénité", das im Musée d'Orsay in Paris hängt, zählt zu meinen absoluten Lieblingswerken. Diese Farbgewalt und diese Emotionalität in diesem Werk rühren mich jedes Mal zutiefst. Das Lieblingswerk bei mir zu Hause ist wohl ein Bild von N. D. C. M. Fröhlich, dass ich gemeinsam mit dem Künstler in drei Monaten Arbeit im Atelier erschaffen habe. Ich habe dieses Bild meiner Frau als Verlobungsgeschenk übergeben, sie hat damals auch "Ja" zu meinem Antrag gesagt, also ist es wohl gut gelungen. Es hängt im Schlafzimmer gegenüber von unserem Bett. Dieses Bild zeigt so viel von unserer Beziehung und erinnert mich jedes Mal daran, wie sehr ich meine Frau liebe. Das ist die Magie der Kunst, sie kann unglaublich intensive Gefühle in uns auslösen und diese Gefühle auch Jahre nach der eigentlichen Begebenheit wieder hervorholen.


Kunst und Dekoration - braucht es immer einen hohen künstlerischen Anspruch oder kann Kunst Ihrer Meinung nach auch reines Dekorationselement in Wohnräumen sein?

Mit der Wende zum industriellen Kunsthandwerk im 19. Jahrhundert war Kunst und das frühe Design auf einmal einer sehr breiten Masse zugänglich. Dies bewirkte eine radikale Beschleunigung der künstlerischen Entwicklung auf der ganzen Welt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt kann man von Kunst auch als reines Dekorationselement im Wohnbereich sprechen. Ich persönlich empfinde Dekoration ja auch als eine künstlerische Bereicherung des Lebensraumes und dekoriere meinen Wohnbereich auch mit Objekten, die nicht von namhaften KünstlerInnen geschaffen worden sind. Dabei zählt für mich ein wichtiger Grundsatz: "erlaubt ist, was gefällt". Ich will mich bei mir zu Hause wohl fühlen und dabei muss es nicht immer ein Kunstwerk oder ein Möbelstück um mehrere tausend Euro sein. Über dem Kratzbaum des Katers hängt zum Beispiel ein altes Ölgemälde mit einer Ansicht vom Gardasee in Italien. Ich habe es auf einem Flohmarkt für ein paar hundert Euro gekauft und mir gefällt es dort einfach. Über meinem Schreibtisch hängt eine alte technische Zeichnung, vermutlich von einem Architekturstudenten aus Wien um 1950 gezeichnet. Ich habe keine Ahnung, wie hoch dessen Wert ist oder wer es gemalt halt, mir gefällt der Anblick einfach.


Kunsthandwerk & Design - Vitrinenstück oder Gebrauchsgegenstand? Was raten Sie Ihren Kunden?

Sowohl als auch. Schmuck der Wiener Werkstätte will getragen werden, aus alten Weingläsern von Otto Prutscher soll getrunken werden und in die Vasen der Firma Lötz wollen Blumen gestellt werden! Wichtig ist dabei nur der kunstsachgerechte Umgang mit Objekten, die über 100 Jahre alt sind. Gläser und Vasen müssen per Hand gespült werden und man sollte die Blumen bei kalkhaltigem Wasser nicht einige Tage am Stück stehen lassen. Ich habe auch KundInnen, die diese Objekte wirklich regelmäßig verwenden. Sie sind begeistert von der Qualität und empfinden die Verwendung dieser alten Stücke als besonders bereichernd. Es ist aber auch vollkommen legitim die Objekte in einer Vitrine unterzubringen. Jeder Sammler und jede Sammlerin haben dabei eigene Präferenzen. Ich persönlich rate meinen Kunden aber immer zur Benutzung. Man nimmt den Objekten doch irgendwo ein Stück des Sinns, wenn man sie nur in einer Vitrine unterbringt.


Welche Ausstellung, welches Projekt steht bei Ihnen als Nächstes am Programm?

Als nächstes großes Projekt steht sicher die Planung des restlichen Jahres 2021 an. Ein Katalog wird im Herbst an unsere KundInnen verschickt und wir werden noch an einigen Messen teilnehmen. Details kann ich dazu noch nicht verraten, aber wir wollen uns vor allem mit den Designs unserer Messestände abheben. Dazu gibt es einige ganz spannende Ideen! Weiters wollen wir im Jahr 2022 zeitgenössischen KünstlerInnen über den Sommer und Winter eine Bühne in unserer Galerie bieten. Wir möchten dabei mit Absolventen der Angewandten arbeiten und sind schon ganz gespannt, wie dieses Projekt laufen wird. Einige fantastische Akquisitionen werden über den Sommer von uns bearbeitet und im Herbst unseren KundInnen vorgestellt. Unsere Galerie wurde komplett umgebaut und wir sind dabei den Raum immer wieder neu zu interpretieren. Es bleibt also sehr spannend und ich bin schon ganz aufgeregt, was die nächsten Jahre bringen werden.



Herzlichen Dank für das Interview!


Kontakt:


bottom of page